Inorganic Chemistry - Wickleder

Forschungsperspektiven

Die Untersuchungen meiner Arbeitsgruppe beschäftigen sich gegenwärtig mit der Chemie der Lanthanoide sowie der Münz- und Platinmetalle. Unser Interesse gilt dabei in beiden Fällen Verbindungen, die komplexe Anionen enthalten oder in denen die Metalle Teil komplexer Anionen sind. Neben der obigen Beschreibung unserer Forschungstätigkeit, die durch das beiliegende Schriftenverzeichnis ergänzt wird, soll an dieser Stelle kurz auf die geplanten Arbeiten und die Perspektiven in beiden Forschungsgebieten eingegangen werden.

 

Chemie der Selten-Erd-Elemente

1. Spektroskopische und magnetische Eigenschaften von Verbindungen mit f- und d-Block-Elementen

Verbindungen, die Lanthanoide und Übergangsmetalle enthalten, sind sowohl für die Grundlagenforschung, als auch für die Anwendung von großem Interesse, zumal die Kombination von f- und d-Metallionen interessante magnetische und spektroskopische Eigenschaften erwarten läßt. Bisherige Untersuchungen beschränken sich vorwiegend auf polynukleare Komplexverbindungen und weniger auf dreidimensional vernetzte Strukturen. Komplexe Oxo-Anionen und ihre Derivate bieten aufgrund ihrer vielfältigen Verknüpfungs- und Koordinationsmöglichkeiten eine hervorragende Möglichkeit, verschiedenste Architekturen aufzubauen. Im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms „Lanthanoidspezifische Funktionalitäten in Molekül und Material“ (SPP 1166) wurden in Kooperation mit Prof. Pöttgen (Uni Münster) und Prof. C. Wickleder (Uni Siegen) erste magnetische und spektroskopische Untersuchungen durchgeführt. Diese Zusammenarbeit wird in der zweiten Förderperiode des SPP weitergeführt und vertieft.
 

2. Erzeugung dünner Selten-Erd-Oxid-Schichten durch Thermolyse kohlenstofffreier Precursor

Der thermische Abbau von Selten-Erd-Verbindungen mit komplexen, thermisch labilen Anionen kann zu Erzeugung dünner Schichten von Selten-Erd-Oxiden genutzt. Im Gegensatz zu den zu diesem Zweck bisher häufig eingesetzten metallorganischen Verbindungen garantieren die rein anorganischen Precursor kohlenstofffreie Präparate. Schichten von Selten-Erd-Oxiden (und von Oxiden anderer früher Übergangsmetalle) sind im Hinblick auch ihre hohen Dielektrizitätskonstanten von großen Interesse („high k-Materials“). Diese Untersuchungen werden in Oldenburg zur Zeit in Zusammenarbeit mit der physikalischen Chemie (Prof. Al-Shamery) und der Physik (Prof. Parisi) durchgeführt.
 

3. Poröse Netzwerke durch anorganisch-organische polydentate komplexe Anionen

In einem neuen Projekt sind wir mit dem Aufbau von Verbindungen beschäftigt, in denen Selten-Erd-Ionen mit Hilfe von starren polydentaten Liganden zu porösen Netzwerken verbunden werden. Zur Zeit kommen dabei vor allem Aryl- und Alkysulfonsäuren zum Einsatz. Da diese Anionen als komplexe Derivate von Sulfaten aufgefaßt werden können, können diese Arbeiten als konsequente Erweiterung unserer Untersuchungen an Sulfaten aufgefaßt werden.

 

Chemie der Münz- und Platinmetalle

1. Ungewöhnliche Oxidationsstufen von Münzmetallen in Verbindungen mit komplexen Anionen

Verbindungen der Münz- und Platinmetalle mit komplexen Anionen sind schlecht und insbesondere wenn das Metall „ungewöhnliche“ Oxidationsstufen einnimmt nahezu überhaupt nicht untersucht. Unsere Arbeiten beschäftigen sich daher mit der Synthese und der strukturellen Charakterisierung solcher Verbindungen. Als ungewöhnliche Oxidationsstufen kann in diesem Zusammenhang z.B. Ag2+, Au2+ aber auch Cu+ aufgefaßt werden (es ist keine Einkristalluntersuchung an einer Cu+-Verbindung mit einem einfachen Oxoanion bekannt!). Der Schwerpunkt unserer Untersuchungen lag bisher bei den Verbindungen des Goldes. Als Beispiel einer Goldverbindung mit ungewöhnlicher Oxidationsstufe konnte im Zuge dieser Untersuchungen gezeigt werden, daß das lange bekannte Gold(II)sulfat, AuSO4, kein gemischtvalentes Sulfat gemäß AuIAuIII(SO4)2 ist, sondern das hantelförmige Kation Au24+ enthält. Eine wichtiges Ziel für die Zukunft ist es nun, dieses Kation in Lösung zu stabilisieren, um so eine ähnliche reichhaltige Komplexchemie zu etablieren, wie sie beispielsweise für das Hg22+-Ion bekannt ist.
 

2. Thermolyse komplexer Edelmetallverbindungen

Ein Charakteristikum von Gold- und Platinmetallverbindungen mit komplexen Anionen ist, daß ihr thermischer Abbau zu dem jeweiligen Metall führt. Diese Reaktionen können daher zur Abscheidung von Edelmetallen genutzt werden. Die von uns erhaltenen Verbindungen haben stark unterschiedliche Zersetzungstemperaturen zwischen 150-400°C. Wir wollen nun untersuchen, welchen Einfluß die Struktur der Precursor und die Höhe der Zersetzungstemperatur auf die Beschaffenheit des abgeschiedenen Metalls hat. Dies erscheint insbesondere im Hinblick auf die katalytische Aktivität der abgeschiedenen Metalle interessant. Zur Zeit sind wir mit der Synthese und Optimierung geeigneter Precursor zur Abscheidung dünner Schichten und Nanostrukturen beschäftigt. Diese Arbeiten erfolgen in Zusammenarbeit mit der physikalischen Chemie (Prof. Al-Shamery) und der Abteilung Mikrorobotik und Regelungstechnik (Prof. Fatikow) und werden von der DFG im Normalverfahren gefördert.
 

3. Struktur und Eigenschaften von Platin(III)verbindungen mit komplexen Anionen

In Platin(III)verbindungen werden in der Regel jeweils zwei Platinatome zu einem hantelförmigen Pt26+-Ion verbunden. Durch den Einsatz von komplexen Anionen können diese Hanteln stabilisiert und zu größeren Aggregaten verknüpft werden. In der Gruppe der Platin(III)sulfate ist uns der Aufbau von Ketten, Schichten und polynuklearen Cluster-Anionen dieser Hanteln gelungen. Wir untersuchen derzeit, welchen Einfluß die Struktur der Verbindungen auf ihr thermisches Verhalten und ihre spektroskopischen Eigenschaften hat.  

 

 

Perspektiven in der Lehre 

Ausbildung und Lehre sind zentrale Tätigkeiten eines Universitätsprofessors und neben der hohen Qualität ihrer Forschung das Aushängeschild einer Universität. Dies gilt um so mehr, als die Universitäten sich zunehmend auch als Dienstleister sehen müssen, insbesondere im Hinblick auf die Studiengebühr-Diskussion. Der Aufbau neuer Strukturen durch die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen ermöglicht es, auch wenn sich gewisse Schwachpunkte der neuen Studienform nicht leugnen lassen, Lehre und Ausbildung eines Studienganges grundlegend zu optimieren und zu modernisieren.

In der festen Überzeugung, hier an Weichenstellungen mitwirken und eigene Vorstellungen umsetzen zu können, bin ich direkt nach meiner Berufung nach Oldenburg Beauftragter für die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen im Institut für Reine und Angewandte Chemie geworden und habe darüber hinaus seit April 2005 das Amt des Studiendekans inne. Im Zuge der Akkreditierung des Bachelor- und Masterstudienganges Chemie hab ich mich dabei vor allem dafür eingesetzt, daß die praktische Ausbildung der Studierenden trotz aller zeitlichen Reglementierungen großen Raum einnimmt. Dies ist auch dadurch gelungen, daß fachübergreifende Module angeboten werden, wie etwa ein „Integriertes Synthesepraktikum“, das gemeinsam von der Organischen und der Anorganischen Chemie bestritten wird. Die Interdisziplinarität ist eine weitere Forderung, die ich an die Lehre in einem naturwissenschaftlichen Studiengang stelle. Für die Chemie und insbesondere für die Festkörperchemie erachte ich es als unabdingbar, daß die engen Bezüge diese Faches zu den Nachbardisziplinen, wie etwa zur Physik, zur Kristallographie und zu den Werkstoff- und Ingenieurswissenschaften, schon in der Lehre erkennbar werden. Auch dies läßt sich besonders einfach in den neuen Bachelor- und Masterstrukturen in Form gemeinsamer Module umsetzen. 

In meiner Funktion als Studiendekan versuche ich ferner, auf eine starke Anbindung der Lehramtsausbildung an die Fachwissenschaften hinzuwirken. Im Curriculum äußert sich dies in einem hohen Maß an Polyvalenz, d.h. der nahezu identischen Ausbildung von Fach- und Lehramts-Bachelor-Studierenden bis in das 4. Semester hinein, die einerseits einen zeitverlustfreien Wechsel zwischen den Studiengängen ermöglicht, andererseits eine fundierte fachwissenschaftliche Ausbildung der Lehramtskandidaten garantiert. Um die fachwissenschaftliche Qualifikation der Lehramtskandidaten auch in späteren Phasen ihres Studium zu verbessern, halte ich die Anfertigung von Staatsexamensarbeiten in den Fachwissenschaften für sehr sinnvoll. Zwei meiner derzeit laufenden Projekte werden parallel von mir als Fachwissenschaftler und einer Didaktikerin betreut. Ziel beider Arbeiten ist es, die Kandidaten auf einer fachwissenschaftlichen Thematik forschen zu lassen und diese Thematik den Chemieunterricht aufzubereiten.

 

 

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